Spätestens seit dem fulminanten Börsengang am 19. September 2014 ist Alibaba auch in Deutschand in aller Munde. Bislang hatten die deutschen Leitmedien den Konzern aus Hangzhou vor allem mit Produktfälschungen und Billigware aus Fernost in Verbindung gebracht. In den letzten Jahren ist die Skepsis gegenüber dem Unternehmen zunehmend der Bewunderung für Firmengründer Jack Ma und dessen Erfolge gewichen.
Die Geschichte von Jack Ma zählt zu den spannendsten Stories, die das moderne China schreibt: Ende der neunziger Jahre war der Englischlehrer noch auf Jobsuche. Die Gründung von Alibaba machte ihn fast über Nacht zum Milliardär und Vorbild für unzählige Kleinunternehmer. Der Erfolg von Jack Mas Konzern fußt auf der Popularität der beiden E-Commerce-Plattformen Taobao (Chinesisch淘宝, Pinyin: táo bǎo) und Tmall (Chinesisch天猫, Pinyin: tiān māo). Auf beiden Webseiten können Händler Artikel online stellen, um sie zu verkaufen. Während für die Eröffnung eines Taobao-Stores lediglich Adresse, Handy- sowie Personalausweisnummer notwendig sind, ist bei Tmall die Zahlung einer Gebühr in Höhe von RMB 150.000 (ca. 21.300 Euro) notwendig ― ein Betrag, den viele Kleinbetriebe nicht aufbringen können.
Folglich handelt es sich bei Taobao großteils um Kleinunternehmer, die über die Plattform die Möglichkeit erhalten, ihre Produkte schnell und unbürokratisch zu vermarkten. Einige der dort aktiven Händler haben vor allem einheimische Kunden im Blick, andere vertreiben ihre Produkte überwiegend international. Mit mehr als 800 Millionen gelisteten Produkten ist Taobao laut Alexa eine der zehn am häufigsten besuchten Webseiten weltweit − und das obwohl Taobao.com auch nach über elf Jahren nur auf Chinesisch verfügbar ist.
„Taobao Agents“ ermöglichen Handel mit chinesischen Kleinunternehmern
Der überwiegende Teil der auf Taobao aktiven Händler verfügt, nach wie vor, weder über ausreichende Englischkenntnisse noch über Erfahrungen, was internationale Transport- und Zollgebühren angeht. Wer von Deutschland aus bei Taobao einkaufen möchte, ist daher auf Zwischenhändler angewiesen, die den Kontakt zwischen den auf der chinesischen Plattform aktiven Kleinunternehmern und internationalen Einkäufern herstellen. Mit Namen wie Alibaba und Taobao lässt sich auch in den USA und Europa immer leichter Geld verdienen und so versuchen einige, der von Hong Kong oder Macau aus operierenden Zwischenhändler den falschen Eindruck zu vermitteln, es handele sich bei ihnen um von Alibaba autorisierte Consultants.
Im Gegensatz zu Taobao finden sich auf Tmall die Online-Shops zahlreicher internationaler Konzerne, wie Nike, Samsung oder L’Oréal. Auch zahlreiche chinesische Unternehmen, wie Lenovo, Haier und Smartphone-Produzent Xiaomi haben in den vergangenen Jahren einen Account auf Tmall eröffnet. Die E-Commerce-Plattform ging im April 2008 zunächst unter dem Namen „Taobao Mall“ an den Start und änderte ihren Namen 2010 in Tmall. Seit 2011 bemüht man sich bei dem Alibaba-Ableger intensiv darum, das Image als High-End-Plattform durch höhere Nutzungsgebühren für Online-Shop-Betreiber und gezielte Werbekampagnen zu verbessern. Waren ausländische Unternehmen bisher auf chinesische Partner bei der Eröffnung eines Tmall-Stores angewiesen, so spricht Alibaba mit Tmall Global seit 2014 direkt Produzenten in Übersee an, die die Absicht haben, qualitativ hochwertige Produkte an zahlungskräfte Kunden innerhalb Chinas zu verkaufen.
“Internet-Auto” und Einstieg bei Snapchat
Trotz Skandalen um Produktpiraterie und Mängeln bei Billigware: Alibaba ist auch in Deutschland weiter auf dem Vormarsch. Mit seinem Einstieg bei dem amerikanischen Start-up Unternehmen Snapchat und dem Plan, ein „Internet-Auto“ zu entwickeln, macht die Online-Plattform auch in diesen Tagen wieder Schlagzeilen. Und Zwischenhändler und Kommunikationsagenturen, die die Zeichen der Zeit erkennen und jetzt mit den auf Taobao und Tmall vertretenen Unternehmen in Kontakt treten und sie für den europäischen Markt fit machen, können jetzt noch auf gute Gewinne hoffen.
Bildnachweis: Die Skyline von Hangzhou. Dort hat Alibaba seit seiner Gründung den Sitz. Foto von Andreas Faessler, Wikipedia.