Nachdem vergangenen Montag mein zwei Jahre altes Nokia-Smartphone ganz überraschend den Geist aufgegeben hatte, sah ich mich plötzlich mit der Kaufentscheidung konfrontiert: Chinesisches Produkt oder ausländischer Anbieter? Optik, Akkuleistung und Preis waren für mich die ausschlaggebenden Kriterien. Die Idee, mir ein Smartphone von Xiaomi zuzulegen, war mir bereits seit einiger Zeit durch den Kopf gegangen.
Das Xiaomi Mi-3-Smartphone überzeugt in gleich mehrerer Hinsicht: Schon beim Auspacken beeindruckt das Apple-artige Design. Durch die elegante Aluminium-Magnesium-Legierung erhält der Nutzer den Eindruck, ein Smartphone aus Aluminium in der Hand zu halten – auch wenn das Mi-3 aus Kunststoff besteht. Die HD-Kamera macht gestochen scharfe Bilder. Die dazu gehörende App bietet eine Menge an Funktionen, wie einen erweiterten Weißabgleich, die man bei anderen Smartphones eher selten findet.
Nicht nur beim Design sondern auch beim Marketing sind die Gemeinsamkeiten zwischen Apple und Xiaomi offensichtlich: Wie sein großes Vorbild Steven Jobs trägt Firmengründer Lei Jun statt Anzug und Krawatte lieber Jeans und T-Shirt. Der chinesische Unternehmer gibt sich gerne betont selbstsicher – manche würden gar sagen größenwahnsinnig. Mit Aussagen wie, „Wir wollen in ein paar Jahren Apple schlagen“, setzt er sein Unternehmen und dessen Konkurrenten direkt unter Zugzwang und das obwohl Xiaomi bisher noch rund 50 Mal kleiner als der kalifornische High-Tech-Konzern ist.
Auf Weibo und WeChat die Nase vorne
Unter den Nutzern sozialer Netzwerke wie Sina Weibo oder WeChat genießen Handys der chinesischen Marke (Chinesisch: 小米, Pinyin: Xiǎomǐ) bereits seit Jahren Kultstatus. Während ausländische Hersteller, wie Samsung oder Apple, nach wie vor TV, Plakatwerbung und Print nutzen, um auf sich aufmerksam zu machen, setzt Xiaomi fast ausschließlich auf Social Media. Über soziale Netzwerke wendet sich der Smartphone-Produzent bevorzugt an junge Konsumenten – Schüler und Studierende.
Kein Wunder, dass Xiaomi die chinesische Abschlussprüfung Gaokao am 7. Juli 2015 nutzte, um sich direkt an die jungen High-School-Absolventen zu wenden: „Seid tapfer, ihr schafft das alle morgen“, so eine Verlautbarung des Social-Media-Teams vom 6. Juli. In einem weiteren Post veröffentlichte Xiaomi dann eine Serie von Cartoons, die die Ängste und Befürchtungen der Prüfungsteilnehmer zum Thema hatten (siehe Thumbnail). Die Social-Media-Strategie des Smartphone-Produzenten scheint aufzugehen: Mit 10,4 Millionen Followern auf Weibo (Stand: 10.06.2015) liegt das Unternehmen weit vor Konkurrenten wie Samsung (6,5 Mio) oder HTC (5,9 Mio).
150.000 verkaufte Smartphones in unter zehn Minuten
Den bislang größten Coup landete der Pekinger Smartphone-Hersteller vor knapp zwei Jahren: Binnen neuneinhalb Minuten gelang es ihm über WeChat 150.000 Mi-3-Smartphones zu verkaufen. Das Unternehmen hatte sich dazu das erst einige Monate zuvor eingeführte Bezahlsystem WeixinPay zu nutze gemacht. Wer sich das Produkt über das soziale Netzwerk bestellen wollte, musste zunächst dem WeChat-Account des Smartphone-Herstellers folgen und hatte dann die Möglichkeit, sich für RMB 0,01 eines der heiß begehrten Gadgets zu reservieren, die dann in den Folgetagen unter den Teilnehmern verlost wurden. Im Vorfeld der Marketing-Aktion hatten Internet-Newsportale ausführlich über den Verkaufsstart des Smartphones berichtet und so den Run auf das Produkt zusätzlich verstärkt.
Kaufentscheidend war für mich letztlich nicht so sehr der Auftritt in sozialen Netzwerken, als viel mehr Performance und Preis: Wenn ich nach einem 10-Stunden-Arbeitstag gegen sieben oder acht Uhr nach Hause komme, habe ich immer noch eine Akkuleistung von fast 30%. Preislich ist Mi-3 zudem ein echtes Schnäppchen. Wer in China lebt, kann über die E-Commerce-Plattform Taobao die Geräte für etwa RMB 1200 (170 Euro) erwerben – auf Amazon und Ebay Deutschland schlägt das Mi-3 mit 250 bis 280 Euro zu Buche. Fazit: Xiaomi bietet eine preisgünstige und hochwertige Alternative zu den wesentlich teureren High-End-Produkten ausländischer Unternehmen.
Klasse Artikel! Gerne mehr davon:)
Vielen Dank für das Lob! Ich bin mir sicher, dass uns Xiaomi in den kommenden Jahren in Deutschland noch beschäftigen wird, vor allem ab dem Zeitpunkt, wo wir dann die ersten Geräte bei Mediamarkt oder Saturn im Angebot sehen werden (und ich glaube fest daran, dass das eines Tages soweit sein wird). Gruß nach Münster!
Mhm. Allerdings hast du ganz außer Acht gelassen wie der Verkauf von Neuprodukten aussieht. Offiziell kann man die Xiaomi-Sachen nämlich nur über die Website beziehen, und die verkauft nur nach China/Indien/Singapur/Malaysien/… – nicht nach Europa. Wenn man sich also hier zu Lande eines zulegt muss man IMMER über einen Zwischenhändler gehen – das ist natürlich nicht nur mit Garantie/Gewährleistung problematischer sondern kostet auch mehr und dauert länger (bei neuen Produkten). Der Verkauf von neuen Produkten ist dann schon der nächste Punkt: Du hast es selbst gesagt 150.000 Handys verkauft in ein paar Minuten. Es gab natürlich auch einige die dann später keines mehr bekommen haben. Dabei und auch bei neuen Produkten ist die Informationspolitik von Xiaomi aber völlig ungenügend. Man hat keine Ahnung wie es mit Lieferständen ausschaut, wann neue Produkte kommen etc…. Also zusammenfassend: Die Produkte sind gut und idR preiswert, der Vertrieb aber eine absolute Katastrophe.
Hallo Daniel,
du hast natürlich völlig Recht, dass die Bestellung von Xiaomi-Smartphones in Deutschland nach wie vor mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Ich glaube aber fest daran, dass sich das mittelfristig ändern wird. Xiaomi selbst ist erst fünf Jahre alt. Apple dagegen hat fast 40 Jahre auf dem Buckel! Dass die Qualität von einem Mi-3 oder Mi-4 nicht mit einem iPhone 5 oder iPhone 6 zu vergleichen ist, steht für mich außer Frage. Aber dafür kosten die Handys auch nur ein Bruchteil. Ist für mich immer die Frage, wofür man ein Smartphone braucht. Für qualitativ hochwertige Bilder nutze ich lieber meine Nikon, um mir Filme anzuschauen, lieber mein Laptop oder ein iPad.