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Früher Nacktbilder, heute Frozen Joghurt und Tacos

Fotos, Videos und Kurznachrichten, die sich nach einigen Sekunden selbst löschen? Wenn es darum geht, Werbebotschaften einer großen Anzahl an Nutzern langfristig zugänglich zu machen, scheint Snapchat alles andere als attraktiv. Dennoch gibt es in den USA mittlerweile eine steigende Zahl von Firmen, die mit der hippen Smartphone-App experimentiert – einige davon durchaus erfolgreich.

Es sind vor allem die extrem hohen Wachstumsraten, die Social-Media-Experten in den letzten Monaten haben aufhorchen lassen: 2014 verzeichnete die Mobile-App einen Zuwachs von 57 Prozent. Weltweit hat Snapchat inzwischen 100 Millionen Nutzer, die täglich 200 Millionen Nachrichten verschicken. Für Deutschland gibt es keine offiziellen Zahlen, jedoch deuten jüngste Umfragen unter YouTube-Nutzern darauf hin, dass auch dort das Interesse an dem sozialen Netzwerk stetig zunimmt. Auch unter Bloggern, Online-Redakteuren und auf Konferenzen, wie vor Kurzem auf der re:publica, zeigt sich, dass Snapchat immer mehr Gehör findet.

Tritt das soziale Netzwerk in die Fußstapfen von WhatsApp und Instagram?

Gegen Instagram und WhatsApp erscheint die 2011 gestartete App nach wie vor wie ein Zwerg. Aber gerade junge Nutzer zwischen 13 und 25, die Hauptzielgruppe von Unternehmen, sind von Snapchat fasziniert. Zeichnet sich hier ein Trend ab wie vor gut drei Jahren bei WeChat? Die Mobile App aus China war im Anfangsstadium vor allem bei Teenagern beliebt, die sich durch die Nutzung des Netzwerks von älteren Usern und deren Begeisterung für Sina Weibo abgrenzen wollten. Mittlerweile ist WeChat im chinesischen Mainstream angekommen und auch für Unternehmen als Marketing-Tool unverzichtbar geworden.

Bei Nutzern sowie Unternehmen gibt es jedoch nach wie vor starke Vorbehalte gegenüber Snapchat: Gerade in den deutschen und amerikanischen Medien wird die Mobile App seit einiger Zeit heftig aufgrund der Verbreitung von Nacktbildern kritisiert. Das sogenannte Sexting, bei dem Nacktphotos von User zu User geschickt werden, ist vor allem bei Snapchattern in den USA verbreitet. Da die Snaps nach Sekunden sich von selbst wieder löschen, lädt das soziale Netzwerk zu einem solchen Verhalten geradezu ein.

Immer mehr Unternehmen nutzen Snapchat als Marketing-Tool

Ungeachtet der Popularität unter jungen Smartphone-Nutzern: Marketing auf Snapchat steckt nach wie vor in den Kinderschuhen. Einige wenige Unternehmen aus den USA, wie die Fast-Food-Kette Taco Bell und der Frozen-Yoghurt-Anbieter 16 Handles wagen derzeit den Versuch. Zum Valentinstag 2015 hatten Snapchatter bei Taco Bell die Möglichkeit, interaktive Fotos zu personalisieren und an andere Nutzer verschicken. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Restaurant-Kette mit ihrer Ankündigung, den Beefy Crunch Burrito wiederzubeleben für großes Interesse in der Snapchat-Community gesorgt.

Auch der Frozen-Joghurt-Anbieter 16 Handles machte sich die App vor einigen Monaten zunutze: Via Snapchat versendete das Unternehmen über einige Tage hinweg Gutscheine, mit denen Nutzer die Möglichkeit hatten, Vergünstigungen auf Produkte in einem der New Yorker Geschäfte zu erhalten. Das Unternehmen zeigte sich mit dem Verlauf der Kampagne zufrieden: Da Fans zunächst dazu aufgefordert waren, Bilder von sich zu verschicken, bevor sie die Möglichkeit hatten, einen Gutschein zu erhalten, gab es einen regen Austausch an Bildnachrichten und eine hohe Interaktionsrate.

Ob und wann wir die ersten deutschen Unternehmen sehen, die Snapchat als Marketing-Tool einsetzen, ist noch nicht abzusehen. Um Unternehmen künftig besser über die Möglichkeiten aufzuklären, die sich durch die Nutzung des sozialen Netzwerks ergeben, hat das amerikanische Start-up Unternehmen vor Kurzem Guidelines veröffentlicht. Aller Kritik von Verbraucherschützern zum Trotz: Prominente, Blogger und YouTuber sind völlig fasziniert von der Mobile-App und #snapchat avanciert die Tage zu einem besonders populären Hashtag auf Twitter.

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