Deutschland / Online Marketing

Shitstorm für Krankenhäuser eine „reale Bedrohung“

„Social Media-Nutzung im deutschen Gesundheitssektor“ lautete das Thema meiner Facharbeit im April 2013. Im Rahmen einer Fortbildung zum Social Media Manager (IHK) hatte ich damals Düsseldorfer Krankenhäuser und deren Auftritt in sozialen Netzwerken untersucht. Von den drei untersuchten Einrichtungen, dem Evangelischen Krankenhaus, dem Marien-Hospital und dem Florence-Nightingale-Krankenhaus, verfügte vor eineinhalb Jahren kein einziges über einen aktiven Social-Media-Account. Wie sieht das heute aus? Hat sich die Kommunikation über soziale Netzwerke inzwischen verbessert?

Ich musste mir erst einmal verwundert die Augen reiben: Ein Krankenhaus mit 560 Betten und über 40.000 Patienten pro Jahr verfügt weder über eine Facebook- noch über eine Twitter-Präsens, keinen offiziellen YouTube-Kanal und auch nicht über einen Account bei Xing. Wir schreiben das Jahr 2013. 25 Millionen Deutsche sind bereits auf Facebook unterwegs und Trainingszentren, wie die LVQ, bieten IHK- oder TÜV-zertifizierte Fortbildungen zum „Social Media Manager“ an. An den meisten Krankenhäusern scheint diese Entwicklung jedoch spurlos vorbei gegangen zu sein. Denn nach weiteren, intensiven Recherchen musste ich feststellen: Um einen Großteil der anderen Kliniken in Deutschland ist es kaum besser bestellt.

Soziale Netzwerke „voll von Negativbewertungen“

Es ist ein offenes Geheimnis unter Social-Media-Strategen: Internet-Nutzer finden immer Wege, sich über bekannte Marken und Produkte im Netz auszutauschen ― egal, ob ich ihnen als Unternehmen eine Plattform biete oder nicht. Das trifft selbstverständlich auch auf Krankenhäuser zu. Auf Google+ oder Klinikbewertungen.de tauschen sich ehemalige und zukünftige Patienten miteinander aus. Über Kununu informieren sich zukünftige Mitarbeiter über Vorgesetzten-Verhalten, Work-Life-Balance, Arbeitsatmosphäre und nicht zuletzt über delikate Themen wie Gehalt und Benefits. Wer ein Auge auf Bewertungsportale wirft, hat die Möglichkeit einem potentiellen Shitstorm frühzeitig entgegenzuwirken.

Soziale Netzwerke sind voll von Negativberichten über angebliche oder tatsächliche Fehlleistungen von Krankenhäusern. Aus manchen solcher Kommentare kann ein Shitstorm erwachsen, falls Unternehmen oder Institutionen nicht rechtzeitig handeln. Social-Media-Agenturen sind in der Lage, mit Online-Monitoring-Tools Negativkommentare zu identifizieren bevor die Lawine ins Rollen gerät. Andererseits können sie bei der Erstellung von geeignetem Content helfen und unterstützend bei der Planung einer ganzheitlichen Social-Media-Strategie mitwirken.

Wer ist schon drin, wer ist (noch) draußen?

Amerikanische und britische Kliniken verfügen schon seit vielen Jahren über erfolgreiche Präsenzen auf YouTube, Facebook und Twitter. Deutsche Einrichtungen sind mittlerweile nachgezogen: PGD International (34.261 Likes) und die Schön Klinik in Prien am Chiemsee (17.524 Likes) zählen zu den Krankenhäusern mit den meisten Facebook-Fans. Mit 2120 bzw. 1902 Followern liegen die MEDOCLINIK und das Klinikum der Universität München bei Twitter an erster und zweiter Stelle. Die Aspklepios-Kliniken und die Universitätsmedizin der Johannes-Guttenberg-Universität Mainz (1860 bzw. 598 Abonnenten) sind besonders populär auf YouTube (Stand: 10.12.2014).

Nach wie vor ist aber nur ein Bruchteil der deutschen Krankenhäuser im Social Web vertreten. Nach einer Studie des Instituts für Arbeit und Technik verfügen von den 2045 deutschen Kliniken lediglich 15,7% über eine eigene Facebook-Seite, 125 Häuser (6,4%) nutzen sozialen Medien aktiv. Die IAT-Studie kommt zudem zu dem Ergebnis, dass mehr private als öffentliche Krankenhäuser Facebook, Twitter und YouTube nutzen. Zudem lässt sie vermuten, dass viele Einrichtungen Social Media nur eindimensional verwenden und nicht um tatsächlich sich mit den Sorgen und Nöten von Patienten auseinanderzusetzen.

Fazit: Bisher hat sich wenig getan

Wie sieht es also mit den drei von mir 2013 untersuchten Kliniken heute aus? Keines der drei Häuser nutzt Social Media, um tatsächlich aktiv mit Patienten ins Gespräch zu kommen. Das Marien-Krankenhaus verfügt als einziges der drei Krankenhäuser über einen Facebook-Account, jedoch wurde innerhalb von drei Jahren nur ein einziger Post verfasst. Das Florence-Nightingale-Krankenhaus verlinkt mittlerweile von seiner Website auf den YouTube-Account der Kaiserswerther Diakonie, auf dem sich auch einige Videos über das Krankenhaus befinden. Von einer echten Social-Media-Strategie, die darauf ausgerichtet ist, mit Patienten in Kontakt zu treten, kann man jedoch bei keinem der untersuchten Krankenhäuser sprechen.

Thumbnail und Bild oben rechts, Wordcloud “Krankenhaus, Facebook, Shitstrom”. eigenes Werk

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